Agilität – ja gerne, aber wie?

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Kaum eine Fachzeitschrift, die wir in den letzten Monaten und Wochen gesichtet haben, kommt ohne den Begriff „agil“ aus: „agile Führung“, „agile Unternehmen“, „agiles Projektmanagement“  „agile Organisationsstrukturen“ sind nur einige Themengebiete, die mit „agil“ attribuiert werden. Und zugegeben – auch uns lässt das Thema nicht mehr los.  Denn für die Beratung in Change Prozessen sind die Methoden und Perspektiven, die dem agilen Selbstverständnis zu Grunde liegen, ebenso belebend. Wohl auch deshalb, weil wir Werte und Prinzipien wiedererkennen, die uns und unser Beratungsverständnis seit vielen Jahren prägen: Förderung von Selbstverantwortung und Selbststeuerung, Vertrauen als Grundwert der Zusammenarbeit und die Bedeutung von Reflektion als Instrument der individuellen und organisationalen Weiterentwicklung.

Es sind  meist 3 Fragen, die uns und unserer Kunden in Change Prozessen zum Thema Agilität, beschäftigen:

  1. Wie können wir unsere bestehende Organisationsstruktur so umbauen, dass wir als Unternehmen/Organisation beweglicher und marktorientierter agieren können?
  2. Wie können wir den Spirit der Agilität – unabhängig von vorhandenen Organisationsstrukturen – in unserer Organisation verstärken?
  3. Wie gestalten wir zukünftig unsere Change Projekte, wenn sich diese an agilen Prinzipien ausrichten und wenn Change eine Daueraufgabe der Organisation ist?

Und wir haben Antworten, die wir in unsere Beratungsprojekte einbringen.

 

Umbau bestehender Organisationsstrukturen zur Förderung von Agilität im Unternehmen …

… Bevor über Strukturveränderung nachgedacht wird, müssen sich Geschäftsführung und Führungskräfte über wesentliche Prinzipien agiler Führung verständigen. Denn so hart es klingen mag, aber der Umbau / die Veränderung geht nur bis zu dem Reifegrad, in dem das Bewusstsein der Geschäftsführung / des Leitungsteams ist. Wir haben in den letzten Monaten mit verschiedenen Leitungsteams intensiv an diesen Fragen gearbeitet und es ist beeindruckend, welch tiefe Einsichten sich entwickeln, was plötzlich möglich wird.

Häufig hört man wenn es um Agilität geht ein „entweder … oder“: Entweder flexibel oder standardisiert, entweder Netzwerk oder Hierarchie … Nach unserer Erfahrung ist dieser Gegensatz keine passende Antwort auf die Herausforderungen in den Unternehmen. Es geht darum, kluge und für das Unternehmen stimmige Lösungen eines „sowohl als auch“ zu erarbeiten. Aus unserer Sicht sind derzeit 2 verschiedene Ansätze erfolgsversprechend, die sich in ihrem Wirkungsgrad unterscheiden:

  • Ein duales Betriebssystem: Spezifische Themen (z.B. Innovation) und/oder Bereiche werden (z.B. IT) in agilen Netzwerkstrukturen organisiert. Parallel existieren klassisch-hierarchisch organisierte Bereiche (z.B. Produktion). Wesentlich für den Erfolg des sogenannten „dualen Betriebssystems“ (vgl. Kotter, Accelerate) ist, wie gut die Verknüpfung zwischen agiler und hierarchischer Organisationsform gelingt.
  • Insellösungen, in dem einzelne Abteilungen (häufig ist es IT oder Marketing) nach agilen Prinzipien organisiert werden. Dies ermöglicht mit den agilen Prinzipien zu experimentieren und gibt die Chance, evolutionär die Prinzipien weiter zu entwickeln.

 

… Spirit der Agilität in der Organisation verstärken

Agile Praktiken können auch – ohne strukturelle Veränderungen – einen wichtigen Beitrag liefern, um den Spirit der Agilität im Unternehmen weiter zu entwickeln. So können z.B. Change Log Boards dabei helfen, Transparenz zu schaffen und Eigenverantwortlichkeit zu stärken. Es kann das Instrument der „Retrospektiven“ eingeführt werden, um den Grundgedanken der kontinuierlichen Weiterentwicklung tiefer zu verankern.  Delegation-Boards können dazu beitragen, mehr Klarheit über Entscheidungsprozesse und Verantwortlichkeit zu gewinnen.

Ein wichtiges Element für den Spirit der Agilität sind auch die räumlichen Rahmenbedingungen.Im Folgenden einige Fragen, die helfen, Potenziale für agilitätsfördernde räumliche Gestaltungselemente aufzuspüren:

Lassen Ihre Besprechungsräume ein spontanes Zusammenstehen an einer Pinnwand oder einer Flip-Chart zu, um einen kreativen Gedanken gemeinsam weiter zu entwickeln? Haben Sie eine Kaffeeecke mit Bistrotischen und Visualisierungsmöglichkeiten, so dass Ideen, die bei einer Tasse Kaffee entstehen, skizziert werden können? Gibt es an den Wänden Anreize für die Gestaltung von Kreativitätsprozessen? Gibt es Projekträume, in denen sich die Projektteammitglieder für die Zeit, in der sie am Projekt arbeiten, treffen? Sind  Projektmaterialien an Pinnwänden, Whiteboards etc. visualisiert, um schnell ein gemeinsames Bild der Situation zu erzeugen? …

Der Spirit der Agilität kann aber auch im „Kleinen“ anfangen, indem Führungskräfte und Mitarbeiter beginnen andere Fragen zu stellen:

  • Agilität bedeutet, konsequent aus der Kundenperspektive zu denken: Was sagen unsere Kunden zu diesem Lösungsansatz? Gibt es eine Möglichkeit, diese Idee mit Kunden zu testen? Welche Lösungen bieten unsere Wettbewerber?
  • Agilität bedeutet das eigene Führungsverständnis stärker als ein „Servant Leader“ auszubauen: Fragen Sie Ihre Mitarbeiter:  Was brauchen Sie von mir, um erfolgreich zu sein? Wenn Sie an meiner Stelle wären, welche Lösung würden Sie präferieren und warum?
  • Agilität bedeutet auch Diversität zu fördern: Wer von denjenigen, die von der Lösung/Aktivität betroffen sind, hat Input zu dem Vorschlag gegeben? Wen könnten wir noch einbinden, um eine neue, andere Perspektive zu entwickeln? … Alle Fragen, die helfen, den Blick über den Tellerrand hinaus zu richten, die Diversität generieren und eigenverantwortliches Denken und Handel fördern, helfen den Spirit der Agilität zu befördern.

 

… und Change Management nach agilen Prinzipien 

Aktuell nutzen wir verstärkt folgende agile Ansätze in der Gestaltung unserer Change Prozesse.

Wir setzen Change Back Logs ein und definieren Sprints, um in kürzerer Zeit erste umsetzbare Lösungen zu generieren, die dann in Pilotphasen getestet werden, um die Wirkung in und für die Organisation schnell zu erkennen. Auf Basis der Erkenntnisse gestalten wir einen iterativen Weiterentwicklungs-prozess, der dann schneller zu sichtbaren Lösungen führt.

Wir arbeiten noch intensiver als bisher mit den Führungskräften. Schon immer haben wir nach dem Grundsatz gearbeitet: Change Management braucht Management Change. Mit den agilen Prinzipien, ist es aber für den Erfolg von Change-Prozessen noch viel bedeutsamer, dass sich Führungskräfte als Träger des Veränderungsprozesses verstehen und ihr Wissen über die Gestaltung von sozialen Systemen vertiefen: Wie funktionieren komplexe soziale Systeme? In welche Fallen tappen wir immer wieder, weil wir in linearen Kausalketten denken? Wie kann ich Selbstorganisation ermöglichen und unterstützen?

Eins ist klar: Die Prinzipien der Agilität werden auch unsere Arbeit als Berater verändern. Wir haben schon viele neue Methoden entwickelt, neue Ansätze erfolgreich getestet und sind im Spirit der Agilität unterwegs.

Wir entdecken gemeinsam mit unseren Kunden immer neue Potenziale zur Optimierung,  Chancen zum Umdenken und zur Neugestaltung von Strukturen und Prozessen, die die Beschäftigung mit dem Thema „Agilität“ mit sich bringt.

Interesse? Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen!

2 Gedanken zu „Agilität – ja gerne, aber wie?

  1. Lieber Walter,
    Ihr habt, wie immer den Fokus an der richtigen Stelle: „Agil“
    Wir haben die Beobachtung gemacht, dass Mitarbeiter (z.B. Entwickler in der IT-Branche), die vorher keinen Kundenkontakt hatten, sich gegen das agile Projektmanagement erst einmal stark wehren. Jetzt wird die Kundenschnittstelle bis zu Ihnen verlängert und statt Abarbeiten nach Auftrag kommt die Team-Selbstorganisation hinzu. Kein einfacher Prozess, aber bei den passenden Aufträgen führt es zur Ideallinie.

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  2. Liebe Ulla,
    einer der Vorteile der agilen Methode (Scrum) ist es, dass es zwischen Entwickler (im Scrum-Team) und dem Kunden, die Rolle des Product Owners gibt. Er hält den Kontakt mit dem/ den Kunden und gibt die Kundenanforderungen über den Backlog und den Sprint-Backlog an das Team weiter. Der Sprint ist eine frozen zone, in der das Team nicht mit laufenden Änderungen der Kundenwünsche konfrontiert wird. Der Product Owner wacht darüber, dass auch wirklich die Kundenanforderungen zu Produkten umgesetzt werden. Wichtig ist, dass die Rolle des Product Owners auch gelebt wird. Nicht in allem, was agil genannt wird, ist auch agiles Projektmanagement drin!

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